Grottshag hat geschrieben: Di 10. Mai 2022, 14:52
Was ich nicht verstehe.
Warum werden die Regeln der Eingeiten nicht Kostenlos zur Verfügung gestellt? Entweder als Download oder als Handout in der Verpackung? Oder sogar beides? Eine App wäre auch toll.
Wer dann den Fluff noch möchte kann sich die Bücher anschaffen. Ich finde das Konzept des Armeebuches einfach nicht mehr zeitgemäß.
Dadurch wäre auch ein Update der Einheiten einfacher.
Ich vermute mal, dass das mehrere Gründe hat.
Ein großer Teil der Spielerschaft ist doch eher bibliophil, gerade in der Horus-Heresy-Szene und insbesondere unter der britischen Spielerschaft.
Aber auch wirtschaftliche Gründe dürften einen großen Anteil haben. Das Schreiben von Regeln kostet Geld. Sollen sie dann auch noch in mehreren Sprachen erscheinen, um den Markt in anderen Ländern zu bedienen, kostet das noch mehr Geld. Das muss dann auch erst einmal wieder reinkommen. Allein in meiner Abteilung sind mehr als 100 Personen beschäftigt, die alle auf irgendeine Weise zur Produktion der Bücher und Regeln beitragen. Die wollen auch bezahlt werden. Und dann wäre da noch eine zweite, kleinere Abteilung, die die Spezialistensysteme betreut.
Natürlich gäbe es auch die Möglichkeit, das durch den Preis der Miniaturen querzufinanzieren, aber das würde bedeuten, dass die Preise der Miniaturen steigen würden. Und die Preise sind schon jetzt (eigentlich schon seit meinem ersten Kontakt mit GW vor Jahrzehnten) ein Hauptkritikpunkt.
Hinzu kommt, dass inzwischen auch so ziemlich alle Regelbücher als eBooks angeboten werden (wenn auch leider nur auf Englisch), die auch noch etwas günstiger als die gedruckten Versionen sind. Für die digitale Unterstützung am Spieltisch gibt es dann auch noch die Apps für AoS und 40k, auch wenn man dafür Codes aus den einzelnen Regelbüchern braucht, zumindest für viele Inhalte (die AoS-App ist aus meiner Sicht auch sehr tauglich), außerdem ein Abo.
Bei Age of Sigmar kann man sich übrigens die Einheitenregeln runterladen, allerdings findet man die Armeeregeln nach wie vor nur in den Büchern. Man kann also schonmal reinschnuppern. Ähnlich verhält es sich mit vielen Bausätzen, in denen die Regeln der Einheiten beiliegen.
Für mich persönlich sprechen auch noch einige andere Gründe für die Beibehaltung von Armeebüchern.
Zuerst wäre da die Tatsache, dass ich das Lesen analoger Regelbücher entspannend finde. Ich sitze den ganzen Tag am Rechner, da greife ich nach Feierabend lieber zu einem schön gedruckten Buch, um der digitalen Welt etwas zu entkommen. Abgesehen davon würden Teile der Inhalte, etwa Randnotizen oder Artworks, auf einem Handy oder Tablet einfach untergehen. Und ich habe in Läden auch schon von Eltern mitbekommen, dass sie sich richtig darüber freuen, wenn sich ihr Kind für ein rein analoges Hobby begeistert, für das weder Fernsehen, noch Computer oder Handy notwendig sind.
Und dann ist da noch die Atmosphäre in der Spielerschaft. Für mich lebt ein Scifi- oder Fantasy-Tabletop nicht davon, dass Miniaturen entworfen werden, sondern vom Hintergrund (weswegen ich persönlich generische Systeme in diesen Genres nicht so mag). Ich habe festgestellt, dass letztendlich die meisten Spieler, wenn sie sich das Armeebuch gekauft haben, zumindest einmal die Hintergrundsektion durchlesen, auch wenn sie ansonsten keine Leseratten sind. Daher kann man sich wunderbar mit ihnen über den Hintergrund unterhalten. Bei Systemen wie den Star-Wars-Tabletops oder A Game of Thrones, bei denen weniger Hintergrund bei den Regeln enthalten ist, funktioniert das letztendlich auch, weil die Spieler normalerweise speziell durch den Hintergrund zum System gebracht werden. Und ich habe schon viele schöne Stunden damit verbracht, mit Leuten über den Hintergrund zu philosophieren. Selbst mit Leuten, für die der Hintergrund maximal Beiwerk ist.
Den Gegensatz dazu bildet beispielsweise Warmachine/Hordes. Zuerst einmal, das System hat einen tollen Hintergrund. Gerade dass er sich ständig weiterentwickelt hat, habe ich immer geschätzt. Ich habe mich gefreut, als GW mit der achten Edition 40k und der zweiten Edition AoS (in der ersten musste ja erst einmal ein allgemeiner Hintergrund für die Reiche der Sterblichen geschaffen werden) ebenfalls einen fortlaufenden Hintergrund eingeführt hat (bzw. wieder eingeführt hat). So toll der Hintergrund aber auch war, als Privateer in der dritten Edition von den Armeebüchern mit schönem Hintergrund wegging, hin zu einer praktisch rein digitalen Regellösung, gab es immer weniger Hintergrund innerhalb des Tabletops. Wer etwas vom Hintergrund wissen wollte, der musste sich an die Rollenspielhandbücher halten oder die immer spärlicher werdenden Hintergrundartikel im Internet (ich konnte beispielsweise bis heute noch nicht wirklich erfahren, was die Grymkin sind). Und im gleichen Maß, wie der Hintergrund abnahm, nahm auch das Interesse der Spieler daran ab, jedenfalls soweit ich es beobachten konnte, sodass die Gespräche am und neben dem WM/H-Spieltisch inzwischen über die Spielstärke einzelner Modelle oder Kombinationen sind.
Kurz gesagt, es hat alles seine Vor- und Nachteile (ja, ich weiß, ich habe die Vorteile eines Umstiegs nicht wirklich angesprochen). Und nur weil es modernere Techniken gibt, die man verwenden kann, heißt das nicht zwingend, dass sie das Ganze gleich besser machen – zumindest nicht für alle Spieler.